You are currently viewing So geht Kunst: Interview mit einer Artistin
Cyr Wheel © Markus Palmer

So geht Kunst: Interview mit einer Artistin

Lea Toran Jenner, wo sich bereits der Name nach purer Kunst anhört, steckt noch viel mehr dahinter. Montreal, Paris, Amsterdam, Berlin: mit 28 Jahren ist Lea professionelle Artistin und bereits in der ganzen Welt zuhause. Sie spricht vier verschiedene Sprachen, tritt sowohl alleine, als auch im Duo auf und liebt es, die Menschen zu begeistern.

Das Cyr Wheel (ein großer Akrobatikreifen) und der Chandelier gehören zu ihren Disziplinen. Mit 19 Jahren ist Lea allein nach Kanada gezogen, um dort ihren Traum, durch eine Ausbildung an der Artistenschule in Montreal, zu verwirklichen.

Um einmal von vorne anzufangen, fragt man sich natürlich, wo diese internationale Karriere ihren Ursprung findest. München – 16. April 1992 – Lea kommt als erstes von zwei Kindern einer Akademikerfamilie auf die Welt, wächst in Ulm auf. Nachdem sie schon früh den Wunsch äußert, Zirkusartistin werden zu wollen, schicken sie ihre Eltern erst zum Turnen und später zur Sportaerobic. Nach dem Abitur ging es dann von 2011 bis 2014 nach Montreal. Anschließend wurde Lea als eine der wenigen direkt vom Cirque Éloize gecastet und begann ihre erste Welttournee.

Von da an ging es für die noch junge Künstlerin steil nach oben.

Wie bist du in deiner Kindheit zum Turnen gekommen?

Ich hatte schon immer total viel Energie, habe mich überall dran festgehalten, bin balanciert und herum geklettert. Letztendlich haben mich meine Eltern dann zum Turnen geschickt, wo ich auch direkt sehr schnell aufgestiegen bin. Aus mir wäre eine gute Turnerin geworden, allerdings habe ich im Jugendalter Angst bekommen. Daher bin ich dann zur Sportaerobic gewechselt.

Würdest du sagen, dass ein Abitur notwendig/hilfreich für deinen weiteren Weg war?

Das ist absolut nicht notwendig und absolut nicht hilfreich. Für mich war es aber doch wichtig, denn man weiß ja nie, was die Zukunft bringt. Ich glaube, wenn man ein Abitur machen kann, sollte man es tun. Es auf jeden Fall eine gute Sache, aber für meinen jetzigen Job hat es mir nicht geholfen.

Es ist für die Artistenschule in Montreal nicht notwendig und für die meisten anderen Artistenschulen auch nicht. Im Prinzip braucht man einfach nur einen Schulabschluss. Es ist einfach eine ganz andere Art ausgebildet zu werden und ich glaube für einige ist das klassische Schulsystem auch nicht das Richtige.

Aus welchen Komponenten besteht eine Woche an der Artistenschule?

Wir hatten von Montag bis Freitag so um die 40 Stunden Training. Unterrichtet wurde in Tanz, Handstand, Jonglage, Krafttraining, Akrobatik, Theater, Gesang, Anatomie, modernem Tanz, Zirkusgeschichte, Karriere Management, Show Kreation und Spezialitäten, meine Disziplinen waren zum Beispiel das Cyr Wheel und ein großer Ring in der Luft, welcher meinem Chandelier sehr ähnelt. Teilweise fand auch samstags Training für die Endjahres Show statt.

Meistens war ich von 8 Uhr morgens, bis 8 Uhr abends in der Schule. Es gab eine tolle Mensa, alles war sehr schön eingerichtet und man konnte auch zwischen den Stunden frei trainieren.

Bewirbt man sich nach der Ausbildung dann und turnt vor, oder wie funktioniert so ein Auswahlverfahren?

Ja, also die großen Zirkusse machen Castings mindestens einmal pro Jahr. Ich muss

sagen, ich hatte echt mega Glück, dass ich nie in meinem Leben ein Casting machen musste.

Die Zirkusschule in Montreal ist sehr bekannt, das heißt wenn man den Leuten sagt, ich komme aus Montreal und man hat ein gutes Video von seiner Nummer, reicht das oft schon. Wenn man jedoch in eine Show mit mehr Theater und Tanz möchte, muss man normalerweise ein Casting machen.

Wenn man ein bisschen bekannter ist, wird man oft über Festivals gebucht. Das heißt, wenn ich auf ein Festival eingeladen werde, sehen mich dort international Leute. Dort kann man auch Preise gewinnen, durch die man bekannter und gefragter wird.

Wie verdienst du momentan Geld bzw. was machst du in dieser schwierigen Situation?

Vor allem lebt man von Ersparnissen. Durch mein Filmstudium habe ich ein paar Editing Jobs und verdiene ein bisschen Geld. Mein Lebensunterhalt ist jedoch sehr niedrig und ich habe kaum feste Ausgaben. Glücklicherweise war ich zwei Jahre fest im Moulin Rouge in Paris angestellt, dadurch habe ich genug Rücklagen. Mir war immer bewusst, dass es Momente geben kann, in denen man nicht viel Geld verdient.

Ansonsten nutze ich die Zeit, um mich in Sachen Social Media etwas breiter aufzustellen. Ich versuche mich einfach als Artistin weiterzuentwickeln.

Trainierst du jeden Tag?

Dreimal die Woche versuche ich, richtig zu trainieren. Nach all den Jahren Training, kenne ich meinen Körper super gut. Ich weiß, dass ich mich innerhalb von zwei Wochen wieder für eine neue Show aufbauen kann. Trotzdem ist es sehr viel Arbeit, dauerhaft auf diesem hohen Niveau zu bleiben und es beansprucht sehr viel Zeit.

Wie sieht dein Trainingsprogramm aus?

Es ist eine Mischung aus Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer.

Existiert psychischer Druck, aufgrund des Leistungssports bei dir? Wenn ja, kommt dieser vorrangig von außen, oder dir selbst?

Eher weniger. In meiner Zeit an der Artistenschule, gab es schon ziemlich viel Druck. Da man auf einer der besten Schulen war, musste und wollte man natürlich auch richtig gut sein. Man muss lernen, wie man mit psychischem Druck umgeht, um bei wichtigen Performances abzuliefern. Das wurde mir dort sehr gut vermittelt.

Der Druck kommt, wenn von mir selbst, weil ich eben zu den Besten gehören möchte.

Was möchtest du den Menschen da draußen abschließend sagen?

Ich würde jungen Leuten auf jeden Fall raten, probiert Dinge aus, auch wenn die noch so lächerlich für eure Eltern und Lehrer klingen, macht das. Wenn ihr Comics zeichnen wollt, zeichnet Comics. Wenn ihr auf Twitch Spiele spielen wollt, macht das, aber macht das richtig und professionell, geht das mit Entschlossenheit an. Stellt euch selbst die Frage, „Was kann ich machen, damit es gut wird?“ Macht keine halben Sachen, dann wird es nichts.

Probiert Dinge aus und nehmt euch die Zeit, bevor ihr euch von irgendwelchen fremden Meinungen beeinflussen lasst. Nehmt euch Zeit, um zu überlegen, worauf ihr Lust habt im Leben.

Im Überblick: der Weg auf die Bühne

  • in jedem Fall gilt, Training, Training und nochmals Training
  • vielleicht hast du das Glück aus einer Artistenfamilie zu kommen
  • du lässt dich von professionellen Trainer*innen coachen
  • du kannst dich auf einer Artistenschule in Deutschland, oder im Ausland ausbilden lassen

Du möchtest mehr über Lea erfahren und vor allem sehen?

“Leas Late-Night-Circus-Show” kannst du jeden Samstagabend ab 20 Uhr auf Twitch verfolgen. Lea begrüßt verschiedene Gäste aus dem Zirkus Bereich und unterhält euch mit artistischen Showeinlagen.

Twitch – @LeaCircus

Instagram – @leatoranjenner

YouTube – @LeaToranJenner

TikTok – @leatoranjenner

Homepage – @LeaToranJenner

Lucie

Erfurt ist meine zweite Heimat, ich liebe es, den Sommer dort bei meiner Familie zu verbringen. Wenn ich nicht gerade Artikel schreibe oder diverse andere kreative Ideen umsetze, schaue ich leidenschaftlich gerne Motorsport jeglicher Art und ohne Musik geht bei mir sowieso gar nichts. Deutsch- und Amirap höre ich fast 24/7.